Falkensee – Im Herbst 2019 meldeten sich verunsicherte Kunden bei den Leipziger Stadtwerken, weil sie Hausbesuche von angeblichen Gas- und Stromberatern bekommen hatten, die Einlass in die Wohnungen verlangten. Die Trickbetrüger stellten sich im Leipziger Stadtgebiet als Mitarbeiter der Firma Ennux vor und behaupteten, im Auftrag der Stadtwerke den Energieverbrauch überprüfen zu müssen. Der kommunale Energieversorger dementierte entschieden, dass diese „betrügerischen Haustürbesuche“ in seinem Namen erfolgten. Die Stadtwerke versicherten, dass sie „nicht in dieser Art handeln und diese Personen oder Partner keine Mitarbeiter der Leipziger Stadtwerke“ sind. Verträge würden schriftlich über den Postweg abgeschlossen und nie direkt vor der Haustür.
Diese Vertriebsmasche scheint sich über die Jahre gehalten zu haben, denn erst im Mai 2024 warnten die Neubrandenburger Stadtwerke vor Betrügern, die sich bei Hausbesuchen als ihre Mitarbeiter ausgeben. Sie würden um Zugang zu Strom-, Gas- oder Wasserzählern in den Wohnungen bitten, um den privaten Verbrauch abzulesen. Zum Zeitpunkt ihres Auftretens seien im eigenen Auftrag gar keine Ableser unterwegs gewesen, die sich zudem immer ausweisen könnten. In ihrer Verbraucherwarnung ließen die Neubrandenburger Stadtwerke offen, ob sich die Haustür-Vertriebler wie fünf Jahre zuvor in Leipzig als Ennux-Mitarbeiter im Dienst des örtlichen Energielieferanten ausgegeben haben.
Wenn man die Begriffe „Ennux“, „Strom“ und „Energie“ googelt, stößt man auf die professionell wirkende Webseite der Ennux Distribution GmbH & Co. KG mit Sitz im brandenburgischen Falkensee. Das Unternehmen hat sich laut Selbstauskunft auf den Vertrieb von Strom- und Gasprodukten spezialisiert und versteht sich als „Distributor“ für die Betreuung von Vertriebspartnern. Zum Ennux-Prinzip gehöre die Zusammenarbeit mit vielen Lieferanten und Partnern für Strom- und Gasprodukte: „Sie als Vertriebspartner können auf unser Portfolio zurückgreifen und alle Produkte einfach sowie gewinnbringend vermarkten. Somit bietet sich Ihnen die Chance, Ihrem Kunden – privat oder gewerblich – ein individuelles Angebot zu erstellen. Nutzen Sie unseren tagesaktuellen Tarifrechner, um Ihren Kunden immer genau das richtige Produkt anbieten zu können. Unser Portfolio bietet Ihnen über 40 führende Energieversorger und garantiert so die bestmöglichen Preise.“ Ennux wirbt sowohl um Produkt- als auch um Vertriebspartner und bezeichnet sich als einen „unabhängigen Energiedistributor“. Angeblich will das von Jürgen Wagner geführte Unternehmen Privat- und Geschäftskunden deutschlandweit zu den günstigsten Gas- und Stromtarifen verhelfen. Ob dazu bis heute auch Haustürbesuche wie jene in Leipzig gehören? Es ist jedenfalls nicht ganz klar, ob die betrügerischen Klinkenputzer von 2019 tatsächlich Ennux-Mitarbeiter waren oder sich nur als solche ausgegeben haben.
Unstrittig ist, dass das selbsternannte Direktvertriebsnetzwerk für „Top-Provisionen mit seriösen Strom- und Gasprodukten“ immer wieder für Negativschlagzeilen sorgt. Im Juni 2022 feierten die Stadtwerke Forchheim einen Gerichtserfolg gegen einen „unseriösen Vertriebsdienstleister und seine Mitarbeiter“. Gemeint ist die EnnuxDistribution GmbH & Co. KG. Sie hatte offenbar durch einen Vertriebsmitarbeiter im Auftrag der Vattenfall Europe Sales GmbH versucht, Stadtwerke-Kunden bei Haustürgeschäften Energieverträge zu verkaufen. Mehrere Betroffene meldeten sich daraufhin beim örtlichen Energieversorger und schilderten, wie ihnen der Vertriebler eine Liste vorlegte, die sie zu unterzeichnen hätten. Darin ging es unter anderem um die Absicherung, dass der Vertriebsmitarbeiter nie behauptet habe, im Auftrag der Stadtwerke zu handeln oder dass der derzeitige Liefervertrag in Gefahr sei. Das machte mehrere Forchheimer misstrauisch. Mathias Reznik, kaufmännischer Geschäftsführer der örtlichen Stadtwerke, sagte vor zwei Jahren zum juristischen Sieg gegen Ennux: „Wir sind sehr froh, dass wir so aufmerksame Kunden haben, die sich an uns gewandt haben und sich auch im Zuge des Gerichtsverfahrens dazu bereit erklärt haben, uns mit einer Aussage zu unterstützen. Es ist immer wieder erschreckend, mit welchen Mitteln Dienstleister versuchen, ahnungslose Kunden in ihren eigenen vier Wänden vorsätzlich zu täuschen. Umso mehr freut es uns, dass wir dieses Gerichtverfahren gewonnen haben und somit ein Zeichen für seriöse Energieanbieter setzen können.“ Und in Richtung des juristisch unterlegenen Unternehmens mit seinen windigen Vertriebsmethoden schob er nach: „Verlässlichkeit, Vertrauen und eine sichere, stabile Energieversorgung zu fairen Preisen sind Werte, die wir als Stadtwerke Forchheim leben.“ Im Zusammenhang mit dem Prozess betonte der kommunale Grundversorger, dass seine Mitarbeiter selbstverständlich auch Kundentermine wahrnehmen, davor aber immer einen Termin vereinbaren und vor Ort Dienstausweise vorlegen würden. Die Stadtwerke erinnerten wegen des Ennux-Vertrieblers die Kundenrechte: Seriöse Anbieter setzten Kunden nicht unter Druck, sondern ließen sie selbst entscheiden, ob und wann sie einen Vertrag abschließen. Wer in diese Falle getappt sei, könne den unterzeichneten Vertrag innerhalb von 14 Tagen widerrufen.
Regelmäßig warnt das digitale Ratgeberportal der Verbraucherzentrale, dass bestimmte Strom- und Gasanbieter Kunden an der Haustür Energieverträge unterjubeln wollen. Die Verbraucherschützer beschreiben das Vorgehen solcher Energievertrags-Schwindler ganz genau: „Am Telefon oder an Ihrer Haustür nehmen Vermittler mancher Energieanbieter Kontakt mit Ihnen auf. Im Gespräch dieses sogenannten Direktvertriebs geht es zwar um Energie und womöglich konkrete Tarifangebote. Dass der Vermittler in Ihrem Namen einen Anbieterwechsel einleiten will, macht er aber nicht immer deutlich. Doch fragt er genau die dafür benötigten Daten wie die Zählernummer und den aktuellen Energielieferanten ab. Zusammen mit Ihrem Namen und der Adresse reicht ihm das, um einen Wechselprozess einzuleiten. Denn einen Nachweis über eine Kündigungsvollmacht muss Ihr bisheriger Anbieter nicht einfordern. Wenig später erhalten Sie überraschend ein Begrüßungsschreiben eines neuen Energieanbieters sowie eine Kündigungsbestätigung Ihres bisherigen Lieferanten – der Wechsel wurde schon vollzogen, ohne dass Sie es mitbekommen haben.“
Hatte die Verbraucherzentrale hier das Geschäftsgebaren von Ennux Distribution vor Augen? So oder so hat die selbsternannte Vertriebspartnerplattform für Energieprodukte ein echtes Imageproblem.