Dr. Wolfram Drescher und Ümit Coban haben mit Esudemics noch einiges vor. (Bildquelle: Ulrike Trebesius, TheKrautZ))
Dr. Wolfram Drescher und Ümit Coban haben mit Esudemics noch einiges vor. (Bildquelle: Ulrike Trebesius, TheKrautZ))

ESUMEDICS - Masken nach deutschem Reinheitsgebot 

Radeberg - Das sächsische Radeberg verbindet man in erster Linie mit der Herstellung von Bier, konkret mit Radeberger Pilsner, das in ganz Deutschland bekannt ist. Mittlerweile werden in der gemütlichen Kleinstadt nahe Dresden aber auch medizinische Schutzmasken produziert, die auf ihre Art und Weise dem "deutschen Reinheitsgebot" entsprechen und mit denen man von hier aus auch den europäischen Markt erobern will.

Ümit Coban, Dr. Wolfram Drescher und Erkan Ertugrul legen viel Wert auf Qualität ihrer Erzeugnisse

Zu Beginn der Corona-Pandemie vor knapp 2 Jahren hatte die deutsche Bundesregierung erhebliche Schwierigkeiten, genügend Schutzmasken für die Bevölkerung einzukaufen, um die Menschen gemäß den Empfehlungen durch Virologen und Experten zu schützen. Aus medizinischer Sicht waren einfache Schutzmasken aus Stoff bei der COVID19- Bekämpfung dafür nur unzureichend geeignet. Der Markt für FFP2- und OP- Masken war jedoch leergefegt. Und die Preise für teilweise mangelhafte Produkte waren ungewöhnlich hoch. Die Versorgung der Menschen musste also durch die Produktion von Masken im eigenen Land sichergestellt werden. Eine entsprechende Ausschreibung durch das Bundesgesundheitsministerium im Frühjahr 2020 zielte genau darauf ab, diesen Notstand zu beenden.

ESUMEDICS ist eine sächsische Erfolgsgeschichte

In dieser Situation beschlossen die drei Unternehmer Ümit Coban, Dr. Wolfram Drescher und Erkan Ertugrul mit einem eigenen Unternehmen an den Start zu gehen. Im April 2020 gründeten sie die ESUMEDICS GmbH und begannen nur 4 Monate später bereits mit der Produktion von medizinischen Schutzmasken, also so genannten OP-Masken. Dafür mieteten sie in Radeberg Gewerbeflächen und bauten diese so um, dass sie den hohen Anforderungen und Normen entsprechen, die für die Herstellung von medizinischen Schutzausrüstungen notwendig sind. Konkret ließen sie einen Reinraum der Klasse 7 bzw. 8 errichten, in welchem gesichert keimfrei produziert werden kann. Dafür heuerten sie ein Spezialunternehmen an, das sonst unter anderem den bekannten Mainzer Impfstoffhersteller BioNTec in Frankfurt am Main mit Reinräumen und Laboren ausrüstet. Im Reinraum, der nur durch eine Schleuse und mit Schutzkleidung betreten werden kann, steht das Herzstück der Radeberger Produktion: die Maskenmaschine.

Das Startup hat hier einen Millionenbetrag in eine Maschine aus italienisch-österreichischer Herstellung investiert, die nicht nur keimfrei, sondern auch mit einem hohen technischen Standard die einzelnen Komponenten einer OP-Maske zusammenfügt. 3 Vliesstoffe werden miteinander verschweißt und mit Ohrschlaufen ausgestattet und das in enormer Frequenz. Bis zu 750.000 Masken können mit der Maschine pro Tag hergestellt werden, wobei die Europäische Norm 14683 Typ II R für Medizinprodukte gleichbleibend eingehalten wird. Diese Norm definiert die Anforderungen hinsichtlich mikrobiologischer Reinheit, Biokompatibilität, bakterieller Filterleistung und Luftdurchlässigkeit des Maskentuches, welche im eigens dafür gebauten Prüfraum durch eine Laborantin ständig kontrolliert werden. 

Damit haben die Sachsen einen wichtigen Vorteil gegenüber Herstellern aus dem asiatischen Bereich, deren Masken nicht selten verschmutzt sind bzw. nachträglich mit Chemikalien behandelt und sterilisiert werden müssen, um den hohen europäischen Anforderungen zu entsprechen. 

Im harten Wettbewerb mit chinesischer Billigkonkurrenz

Insbesondere chinesische Hersteller gehen mittlerweile in einen harten Preiskampf, um auf dem deutschen Markt nicht verdrängt zu werden. Dabei gab und gibt es immer wieder Nachrichten zu chinesischen Produkten, die unbrauchbar oder falsch ausgezeichnet waren. 

"Made in Germany" ist deshalb auch für die Masken aus der Herstellung von ESUMEDICS ein wichtiger Aspekt, um verunsicherte Verbraucher und professionelle Anwender wie Krankenhäuser langfristig an sich zu binden. Denn ESUMEDICS hat von Anfang an darauf abgestellt, nicht nur temporär in die Produktion von medizinischer Schutzausrüstung einzusteigen, sondern möchte sich langfristig auf dem deutschen bzw. europäischen Markt etablieren. Deshalb wurde neben den Investitionen in einen Reinraum bzw. dem Prüfraum auch ein SAP-gestütztes ERP-System etabliert, das dem Unternehmen jederzeit ermöglicht nachzuvollziehen, welche Materialien aus welchen Chargen für die Produktion verwendet wurden. 

Insbesondere für den umfangreichen Auftrag für das Bundesgesundheitsministerium wollte man alle notwendigen Auflagen erfüllen, die im Rahmen der europäischen Ausschreibung aufgelistet waren und welche die Sachsen schließlich für sich gewinnen konnten. Das beinhaltet neben dem Erfüllen der Vorgaben zur Zertifizierung nach ISO eben auch qualifiziertes Personal von der Laborantin über die Mechatronikerin, die die Maschine wartet bis zum Personal für Marketing und Verwaltung bzw. Verpackung und Versand. Insgesamt 35 Mitarbeiter halten die Produktion in 3 Schichten am Laufen. 

Überhaupt ist die Erfahrung der Gründer von ESUMEDICS GmbH überall zu spüren. Ümit Coban, dessen Sohn Denis für den Vertrieb verantwortlich ist, hat ein erfolgreiches Immobilienunternehmen in Dresden aufgebaut, das seit mehr als 20 Jahren am Markt ist. Dr. Wolfram Drescher, Geschäftsführer von ESUMEDICS, hat schon viele Startups als Investor betreut bzw. selbst auf den Weg gebracht. Der promovierte Ingenieur kommt aus der Halbleiter-Herstellung bzw. -Industrie und gilt international als sehr renommiert. So kann man ESUMEDICS durchaus zutrauen, langfristig auf dem Markt erfolgreich zu sein und den ein oder anderen Großkunden aus der Medizinbranche zu gewinnen. 

Der Großauftrag für die Bundesregierung wird zum Ende des Jahres 2021 abgewickelt sein. Doch sind Folgeaufträge recht wahrscheinlich. Denn das Bundesgesundheitsministerium, künftig unter der Führung des Sozialdemokraten Karl Lauterbach plant zukünftig, auf Krisen und Pandemien besser vorbereitet zu sein. Im Rahmen des Nationalen Reserve Gesundheitsschutzes (NRGS) soll eine umfassende Vorsorgestrategie im Bevölkerungsschutz etabliert werden, die aus den Lektionen der letzten Monate gelernt haben möchte. In dem Papier aus dem Sommer 2021 findet sich auch ein Absatz zur Ausrüstung des Schutzbestandes mit inländischen Produkten. Dies kann als wichtiger Schritt verstanden werden, langfristig unabhängig von Anbietern aus Fernost zu sein, insbesondere, wenn Lieferketten im Zusammenhang mit Pandemien unterbrochen werden. 

Möglicherweise entscheidet man sich dann wieder für die Radeberger, deren Produkte man nun kennt und deren Lieferungen in jeder Beziehung zuverlässig sind. 



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