Zug – Der schweizerische Kanton Zug gehört nicht zu den großen Verwaltungseinheiten der Schweiz. Aber er könnte Geschichte schreiben: Seit Februar 2021 kann man Steuern in Zug in Bitcoin oder Ethereum zahlen. Das geht zwar zunächst nur bis zu einem Höchstbetrag von 100.000 Franken Gegenwert, ist aber dennoch ein weiterer Schritt zur Etablierung digitaler Währungen als obrigkeitlich anerkannte Zahlungsmittel. In der Stadt Zug, Hauptort des Kantons Zug, kann man für Verwaltungsangelegenheiten anfallende Gebühren bereits seit 2016 mit digitaler Währung abgelten. Für die Verwaltung übernimmt das Unternehmen „Bitcoin Suisse“ das „Umrubeln“ der Token in Schweizer Franken.
Die Kunden erhalten mit der Zahlungsanforderung einen QR-Code der an die „Bitcoin Suisse“ weitergeleitet wird, dort wird der Gegenwert in Franken umgerechnet und an die jeweilige Verwaltung – Stadt oder Kanton – ausgereicht. Und bisher – so die offiziellen Verlautbarungen – funktioniere das reibungslos.
Doch weshalb setzen sich ausgerechnet Stadt und Kanton Zug an die Spitze dieser Entwicklung? Erfolgreiche Unternehmen siedeln sich gerne dort an, wo sie den durch Arbeit erwirtschafteten Mehrwert zum größten Teil auch selbst behalten und weiterverwerten können. Gerade im Zeitalter immaterieller Dienstleistungen und hoher Flexibilität der Unternehmen und Konzerne, wird das ein immer wichtigerer Standortfaktor vor allem für zukunftsträchtige Unternehmen des digitalen Zeitalters.
Hier kommt es nicht darauf an, wo man sich befindet – am Fuße des Mount Kabangama in Korobugap oder in Bielefeld – es kommt darauf an, dass ein stabiles Internet rund um die Uhr verfügbar ist. So kann man sich in Ruhe die Gegend aussuchen, die zur Unternehmensgründung die besten Rahmenbedingungen bietet. Wenn dann auch noch die urbanen Angebote, das städtische Flair, die außerstädtischen Freizeitangebote „passen“, kommen die hochverdienenden Digitalnomaden gerne und lassen sich nieder.
In Zug scheint alles zu passen, denn inzwischen hat sich eine attraktive Gegend für Unternehmen entwickelt, die mit der sogenannten Blockchain-Methode Geld erwirtschaften. In Zukunft muss der in der Zentralschweiz gelegene Kanton seinen Ruf als „Crypto Valley“ verteidigen. Angesichts der attraktiven Lage im Metropolregion Zürich kann man beinahe damit rechnen, dass bald mehr als 130.000 Menschen dort siedeln. Die Versprechen der Anbieter digitaler Währungen hören sich sehr gewinnträchtig an. So ist kaum verwunderlich, dass viele an diesem Boom teilhaben wollen und sich dem Digitalwährungsrausch hingeben wollen. Nur ein Beispiel aus dem Netz: „Hätten Sie 2010 nur 250 Euro in Bitcoin investiert, würden Sie heute über 75 Millionen Euro verfügen.“ In einer solchen Situation lässt sich zumindest seitens der Anbieter gut verdienen.
Dass angesichts solcher Dimensionen viele Menschen kaum einen kühlen Kopf bewahren und eventuell unvorsichtig handeln, ist verständlich. Dass angesichts der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und der damit einhergehenden rapiden Entwertung des Euro, viele Menschen nach einem „sicheren Hafen“ für ihre Vermögen suchen, ist ebenfalls verständlich. Dennoch sollte man sich der Tatsache bewusst sein, dass der „Wert“ der digitalen Währungen ausschließlich auf recht undurchschaubare, gegenseitigen „Zusicherungen“ basiert – da steht kein Staat, keine souveräne, politische Währungsgemeinschaft mehr in der Haftung.
Aber gerade das scheint für viel den Reiz auszumachen: Sich der „Geldherrschaft“ der Machthabenden entziehen zu können und sich nicht mehr auf die „Versprechen“ der Politik verlassen zu müssen. Deren Halbwertzeit tendiert in den vergangenen zwei Jahrzehnten zunehmend auf Tagesfrist und sind nicht mehr in Jahrzehnten zu rechnen.
So nimmt es auch nicht Wunder, dass z.B. China und die EU an eigenen digitalen Währungen basteln, die sie den unabhängigen Systemen entgegensetzen wollen. Es wird spannend werden, wer da am Ende das Rennen macht und welche Mittel da im Wettbewerb eingesetzt werden.
Einen anderen Weg geht EL Salvador. In dem kleinen und armen Staat in Südamerika sind Bitcoin seit dem Herbstanfang offizielles Zahlungsmittel: Im allgemeinen Geschäftsverkehr müssen Bitcoin als „Geld“ akzeptiert und angenommen werden. In Deutschland wurde jetzt gesetzlich verankert, dass immerhin rund 20 Prozent eines Fondsvermögens in Kryptowährungen angelegt werden dürfen. Und selbstverständlich stehen da die üblichen Kritikaster und bemängeln die Gefahren eines solchen Investments. Auf der anderen Seite stehen Jubelperser und freuen sich ein Loch in den Bauch ob der avisierten Entwicklungsmöglichkeiten. Die Spanne der Meinungen ist sehr weit und nicht selten erkennbar interessengeleitet. Aber genau das ist Grundlage einer Empfehlung zur klugen Abwägung: Sollten sie genug Spielgeld haben, mit dem Sie eine rapide Kurzschwankung von bis zu 70 Prozent Verlust an „Wert“ ohne existenzielle Bedrohung überstehen können, gönnen sie sich den Kitzel. Falls nicht, lassen Sie es sein.