Peking - China holt mit großen Schritten bei der Raumfahrttechnologie auf und macht damit Fortschritte auf einem Feld, das üblicher Weise von den USA und Russland dominiert wird. Dabei geht es um Raumflugzeuge, die wie normale Verkehrsflugzeuge starten und ohne Raketentreibstoff angetrieben werden, wie die „South Chinese Morning Post“ berichtet. In einer chinesischen Militärpublikation wird über Raumflugzeuge berichtet, die keine typischen Startplätze benötigen und auf herkömmlichen Passagierflughäfen starten und landen können und damit über die Raumfahrtechnologie der USA hinausgehen. Relevant ist hierbei in erster Linie die Kostenersparnis von kommerziellen Flughäfen aus zu interplanetaren Missionen aufbrechen zu können.
Wie zuverlässig ist die chinesische Raumfahrttechnologie?
Das Raumflugzeug Tengyun verfügt über einen Mechanismus, der einen horizontale Start sowie eine horizontale Landung ermöglicht. Dies ist ein erheblicher Fortschritt gegenüber dem Orbital Test Vehicle (OTV) X-37B, dem fortschrittlichsten Wiedereintritts-Raumschiff der US-amerikanischen Flotte. Das unbemannte OTV basiert auf dem X-37 – Design der NASA und ist für einen vertikalen Start in niedrigen Erdumlaufbahnen gedacht, wo es langfristig für Forschung sowie Testung der Weltraumtechnologie vorgesehen ist. Bei Wiedereintritt in die Atmosphäre sinkt das OTV ab und kann dann auf Befehl vom Boden horizontal auf der Landebahn landen.
Es handelt sich um ein experimentelles Testprogramm für die US Air Force, die hier die Technologie für eine zuverlässige, wiederverwendbare, unbemannte Weltraumplattform umsetzen will. Das chinesische Tengyun kann als Antwort auf das amerikanische OTV verstanden werden. Dabei geht es in erster Linie um eine preiswerte Möglichkeit, Weltraummissionen durchführen und Satelliten transportieren zu können.
In einem im Dezember dieses Jahres in chinesischen socialmedia–Kanälen ausgestrahlten Video werden das amerikanische und chinesische Modell miteinander verglichen. Dabei weist der Chefredakteur der „South Chinese Morning Post“ darauf hin, dass der Nachteil der amerikanischen OVT darin läge, dass immer noch ein Raketenstart notwendig wäre. Dieses Problem haben die Chinesen mit ihrer Tengyun gelöst. Im Juli 2021 wurde die Tengyun, die vom staatlichen China Aerospace Science and Technology Corporation (CASC) entwickelt wurde, zum ersten Male geflogen. Anstelle einer Rakete wurde es von einem Mutterschiff aus in den suborbitalen Raum geschossen. Dies gelingt der US Space Force bislang nicht.
Das im Jahr 2016 gestartete Programm der CASC sieht vor, zivile Raumfahrtprojekte mit einem kostengünstigen, wiederverwendbaren Raumtransportsystem auf Basis und mit Inspiration durch die amerikanische OVT umzusetzen. Dabei stellte CASC in diesem Jahr das HTHL-System vor und bezeichnete es als eine solide Grundlage für wiederverwendbare Transporttechnologien zwischen Erde und Weltraum.
Der erfolgreiche Test des HTHL-Systems wird als Erfolg gewertet, um chinesische Luft- und Raumfahrzeuge von jedem Flughafen des Landes aus abheben lassen zu können. Damit könnten die Raumfahrzeugflüge von derzeit 30 Flügen pro Jahr auf über 1000 gesteigert werden.
Droht eine Militarisierung des Weltraums?
Dies lässt die Sorgen wachsen, dass diese Raumfahrzeuge auch militärisch genutzt werden könnten und hier eine Militarisierung des Weltraumes beginnt. Der Wettbewerb zwischen Russland, China und den USA verschärft sich weiter. China hatte bereits angekündigt, eine Weltraum–Supermacht werden zu wollen. Tengyun ist dabei ein erster Schritt, um Besatzung und Ladung in den Orbit zu bringen. Inwieweit eine militärische Nutzung vorgesehen ist, ist bislang nicht klar.
Großes Mißtrauen zwischen den USA und China
Allerdings herrscht großes Misstrauen zwischen China und den USA: Seit der Gründung der US Space Force unter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, hat sich der Wettbewerb verschärft, leistungsfähige Hyperschallwaffen zu entwickeln. So bestehe die Möglichkeit, dass die amerikanische X-37B als Waffe eingesetzt werden kann, um Satelliten anderer Länder anzugreifen. Als Abwehr planen die Chinesen einen leistungsstarken Roboterarm, der am Kernmodul der chinesischen Raumstation „Tiansgong“ befestigt werden solle. Dabei solle dieser Roboterarm jedoch nicht als Waffe, sondern als Abwehrmittel vorgesehen werden. Mit der Tengyun könnten allerdings Raketen transportiert werden, was durchaus zur Abwehr genutzt werden könnte.
Plant man den militärischen Schlag auf Sateliten?
Russland und China haben indes ihre Zusammenarbeit auf diesem Gebiet verstärkt und planen gemeinsame Weltraumexpeditionen, was zu weiteren Verwerfungen zwischen dem Westen auf der einen und Russland und China auf der anderen Seite führen dürfte.