Baar – „Das Jahr 2023 war kein einfaches Jahr für die Lebensversicherungsunternehmen, Pensionskassen und Pensionsfonds“, stellt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) unumwunden fest. „Auch wenn die Inflationsrate im Jahresverlauf wieder zurückging, blieb die Unsicherheit hoch, das Wirtschaftswachstum nach Corona-Pandemie und Energiekrise schwach. Diese Entwicklung hatte zuletzt auch Einfluss auf die Vorsorge für das Alter, sowohl betrieblich als auch privat.“ Nach Angaben des GDV verzeichneten die Lebensversicherungen, Pensionskassen und -fonds im letzten Jahr einen Rückgang der Beitragseinnahmen von 5,0 Prozent auf 92,2 Milliarden Euro. Vor allem wegen der Zinsentwicklung verringerte sich der Einmalbeitrag nochmals um 15,7 Prozent auf 25,8 Milliarden Euro. Die ausgezahlten Leistungen stiegen im Berichtsjahr um 8,7 Prozent auf 99 Milliarden Euro. „Tag für Tag zahlten 2023 die Lebensversicherer, Pensionskassen und -fonds damit rund 271 Millionen Euro an ihre Kunden aus“, rechnet der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft vor und will das als Erfolgsmeldung verstanden wissen. „Trotz enger finanzieller Spielräume der Sparer – vor allem aufgrund der Inflation – hielten die allermeisten an ihren Vorsorgeverträgen fest. Die Stornoquote stieg nach 2,51 Prozent im Jahr 2022 leicht auf 2,56 Prozent in 2023 – noch immer ein niedriges Niveau.“ Das klingt nach relativ großer Zufriedenheit der Kunden mit ihren Verträgen.
Aber der Eindruck trügt, wie der große Erfolg des Informationsportals Vertragshilfe24.de beweist. Das wird von Liane und Christoph Kirchenstein betrieben und berät Versicherte zu den Ausstiegsmöglichkeiten aus den immer unwirtschaftlicheren Lebensversicherungsverträgen. Die beiden Versicherungsexperten stellen klar: „Zu hohe Kosten, zu geringe Rendite und ausbleibendes Neukundengeschäft führen zu Unsicherheit. Es ist keine Seltenheit mehr, dass die Auszahlungen weit hinter den Ankündigungen der Anbieter und den Bedürfnissen der Versicherten zurückbleiben.“ Verbraucherschützer empfehlen deshalb die professionelle Rückabwicklung der Versicherungen und nicht deren Kündigung. Wer eine Lebensversicherung einfach kündigt, wird von den Anbietern mit dem Rückkaufswert abgespeist und verschenkt damit viel Geld. Finanziell lohnender ist ein Widerspruch, der die Rückabwicklung des Versicherungsvertrages nach sich zieht. Dafür muss es seinerzeit fehlerhafte Widerspruchsinformationen gegeben haben. Experten zufolge könnte die Hälfte aller zwischen 1994 und 2007 abgeschlossenen Versicherungsverträge davon betroffen sein. Vertragshilfe24 weist darauf hin, dass ein Widerspruch auch dann noch möglich ist, wenn eine Lebens- oder Rentenversicherung schon gekündigt und der Rückkaufswert ausgezahlt wurde.
Das Expertenteam des Verbraucherschutzportals spricht wegen der gebrochenen Renditeversprechen sogar von einem „legalen Betrug“, der die erhoffte private Altersvorsorge gefährde. Es gelte nun, das investierte Kapital zu retten, bevor es durch die Krise der Lebensversicherer endgültig verloren sei. Mit Kooperationspartnern habe man schon mehr als 60.000 Verträge rückabgewickelt und damit Versichertengelder von über einer halben Milliarde Euro gerettet. „Vertragshilfe24 sorgt dafür, dass Sie das Maximum Ihrer Einzahlungen zurückerhalten“, verspricht Christoph Kirchenstein. „Machen Sie in weniger als drei Minuten den Check und prüfen Sie, was Ihre Lebensversicherung noch wert ist und erfahren Sie, wie Sie möglichst viel Geld retten können, ohne viel Zeit oder Geld zu investieren.“ Damit spielt er auf den Rechner an, den die Verbraucherschützer auf ihrer Webseite anbieten, damit Versicherte in kürzester Zeit erfahren, mit welchen Chancen ihre unrentabel gewordenen Lebensversicherungsverträge abgewickelt werden können.
Wenngleich sich der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wegen der relativ geringen Stornoquote im letzten Jahr gelassen gibt, drohen den Lebensversicherern womöglich massenhaft Rückabwicklungen. Diese Erwartung äußerte im Frühjahr 2024 der Finanzmathematiker Axel Kleinlein, der ebenfalls für Vertragshilfe24 tätig ist. Deutsche Lebensversicherer könnten nämlich gegen EU-Vorgaben zum Preis-Leistungs-Verhältnis von Altersvorsorgeverträgen verstoßen, gab er zu bedenken. Der frühere Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten (BdV) warnte, hiesigen Lebensversicherern drohe eine Kundenflucht mit der Rückabwicklung von Millionen (!) Verträgen. Der Grund: ihre Finanzprodukte könnten mit den Vorgaben der europäischen Versicherungsaufsicht zum Kundennutzen unvereinbar sein. Es geht um Qualitätsstandards unter dem Oberbegriff „ProductOversight and Governance“, die sich auf Prozesse und Strukturen beziehen, die von Versicherern berücksichtigt werden müssen, um die Entwicklung ihrer Finanzprodukte zu überwachen. So schreibt die europäische Versicherungsaufsicht den Lebensversicherern vor, dass sie schon bei der Produkteinführung den Kundennutzen zu beachten haben.
Genau den vermisst Kleinlein aber. „Die deutsche Aufsicht hat diese europäische Regelung lange Zeit ignoriert“, kritisierte der Verbraucherschützer. Dabei müssten sich die Versicherer eigentlich schon seit fünf Jahren EU-weit am Prinzip „Value for money“ orientieren. Wegen zu niedriger Renditen monierte er: „Für aktuelle Produkte zeigt sich: fast nie liegt ein hinreichender Kundennutzen vor. Nach der europäischen Regelung darf aber eben genau das gar nicht der Fall sein.“ Sollten die deutschen Lebensversicherer tatsächlich gegen EU-Vorgaben verstoßen haben, droht ihnen Ungemach wie beim Policenmodell. Höchstgerichtlich wurde ja festgestellt, dass zwischen 1994 und 2007 abgeschlossene Verträge rückabgewickelt werden können, wenn der Kunde fehlerhaft über den Widerruf belehrt wurde. Rechtswidrig bekamen die Kunden die Vertragsinformationen erst nach Vertragsabschluss zugeschickt.
Christoph Kirchenstein rät mit Vertragshilfe24 – betrieben von der Konzeptional GmbH mit Sitz in der schweizerischen Gemeinde Baar – deshalb zur Rückabwicklung statt zur vorzeitigen Kündigung. Bei ersterer bekämen die Verbraucher ihre eingezahlten Beiträge verzinst zurück und die Kosten für Vertrieb und Verwaltung dürften die Versicherer nicht abziehen.