Ulrike Trebesius ist Autorin dieses Beitrages
Ulrike Trebesius ist Autorin dieses Beitrages


von Ulrike Trebesius 

Straßburg - Das Europäische Parlament hat vor ca 5 Jahren zum ersten Male über gesetzliche Rahmenbedingungen für Krypto-Währungen beraten und eine entsprechende Gesetzesvorlage eingebracht. Damals stand die Europäische Zentralbank einer möglichen digitalen Alternative zum Euro in erster Linie skeptisch gegenüber. Die Gefahr mit einer Krypto-Währung einen funktionierenden Gegenentwurf zum Bargeld zu etablieren, wurde als hoch eingestuft. Insbesondere in Italien hatte es in ländlichen Regionen bereits erste Versuche gegeben, Tauschhandel über ein Internet-Portal zu organisieren. Da wäre der Weg zu einer Parallel-Währung nicht mehr weit gewesen. Zumal damals selbst die italienische Regierung über Möglichkeiten nachdachte, sich aus den Zwängen der EZB, damals noch unter dem Vorsitz des ehemaligenGoldman-Sachs - Bankers Mario Draghi zu befreien. Im Gespräch waren zum Beispiel Steuer-Rückzahlungen, die als Gutscheine ausgegeben werden sollten und die vom italienischen Staat bzw. dessen Zentralbank als Zahlungsmittel anerkannt worden wäre. Ausgerechnet Italien! Dort begann die Geschichte des Bankwesens, wie wir es noch heute im Wesentlichen kennen. Begründet in Mailand und Florenz bereits im 13.Jahrhundert durch die berühmte Familie de Medici, hätte es hier zu einer Neuerfindung des Bankgeschäfteskommen könnte, das unweigerlich das Ende des Euro in seiner jetzigen Form bedeutet hätte. Grund war die hohe Staatsverschuldung Italiens. Man suchte dringen nach geeigneten Möglichkeiten, um den unliebsamen Sachzwängen der Europäischen Gemeinschaftswährung zu entgehen. An solchen Experimenten hatte die EZB zum damaligen Zeitpunkt keinerlei Interesse. 

Mittlerweile hat die Zentralbank unter dem Vorsitz von Christine Lagarde nicht nur erkannt, dass sich technische Innovationen nicht aufhalten lassen können, sondern auch, dass ein digitaler Euro viele Möglichkeiten in sich birgt, die Kontrolle über die Währung zu behalten und sogar auszubauen. Denn eine wichtige Voraussetzung für die Etablierung von Krypto-Währungen ist die Blockchain – Technologie, die sich in den letzten Jahren etabliert hat. Hierbei handelt es sich um eine verteilte, öffentliche Datenbank, die genutzt werden kann, um Geldtransaktionen in chronologischer Reihenfolge abzubilden und unumkehrbar zu verschlüsseln. Das bedeutet, dass Finanz-Transaktionen mit virtuellen Währungen in Echtzeit durchgeführt werden können, ohne dass man nachträglich die Inhalte verändern kann. Die „Chain“, die Kette an durchgeführten Maßnahmen und Aktionen ist also geblockt und damit vor Manipulationen sicher, wobei das letzte Glied der Kette das Gültige ist. 

Mit der Blockchain-Technology sind die Krypto-Währungen auch eine interessante Option für Anleger geworden. Insbesondere in Zeiten, wo einer Währung wie dem Euro nur noch bedingt vertraut werden kann. Entgegen den ursprünglichen Versprechen bei der Einführung des gemeinsamen Zahlungsmittels steht eben nicht mehr die Preisstabilität an oberster Stelle der Währungshüter. Massive Ankäufe von Staatsanleihen, die man auch als indirekte Staatsfinanzierung verstehen kann, führten ebenso zu einem Ansehens- und Vertrauensverlust des Euro wie die gigantische Ausweitung der Geldmenge durch die EZB oder die Null- und Negativ-Zinsen. Nicht zuletzt dieser Umstand dürfte auch zum Rücktritt von Bundesbankchef Jens Weidmann geführt haben, der offiziell persönliche Gründe angab. 

Wahrscheinlicher ist aber, dass Weidmann viele Entscheidungen der EZB missbilligte. „Geld ist geronnenes Vertrauen.“, sagte Weidmann einmal. Mit seinem Rücktritt signalisiert er, dass er kein Vertrauen in die Maßnahmen der EZB – Politik hat. Und damit auch nicht in den Euro. Diese Erkenntnis hatten und haben vor ihm schon viele Bürger gehabt, für die der Euro offizielles Zahlungsmittel ist. 

Wer Alternativen suchte, investierte in Aktien; floh in Betongold oder richtiges Gold, wobei langfristig insbesondere bei Immobilien das Risiko der Blasenbildung gegeben ist. Wohin also mit dem Ersparten und Erarbeiteten, wo das Geld sicher anlegen, fragen sich nicht erst seit gestern die Menschen im Euro-Raum. Nicht nur die Deutschen, sondern auch die Italiener und Griechen und Franzosen. Und mittlerweile legen viele von ihnen ihr Geld in Krypto-Währungen an.

Der Bitcoin ist sicherlich das bekannteste Beispiel für eine digitale Währung. Mittlerweile gibt es mehr als 100 Krypto-Währungen weltweit, also Währungen, die nur virtuell gehandelt werden. Zum Beispiel Ethereum, Binance Coin, Polkadot oder Dogecoin. Besonders interessant ist, dass diese Währungen dezentral, also ohne zentrale Verwaltungen überall auf der Welt abgewickelt werden können. Jedermann, der einen Internet-Zugang oder ein Smartphone hat, hat auch Zugang zu virtuellem Geld. Bankgeschäfte können sofort abgewickelt werden, meist in wenigen Sekunden. Da die gesamte Struktur von Banken, Automaten, undTransaktionskosten verschwindet, sind die Gebühren niedrig. Und selbstverständlich ist das alles anonym. Jeder hat Recht auf Eigentum, und zwar ohne Schufa – Auskunft oder gläserne Konten. Hier entsteht gerade ein innovativer neuer Markt, der ganze Monopole zum Einsturz bringen kann. Und genau daran haben weder Staaten noch die Europäische Zentralbank ein Interesse. Denn hier geht es ja genau um Kontrolle. Hauptsächlich will man die Besitzer von Geld kontrollieren, also die Bürger, Sparer, Versicherer, Steuerzahler. 

Die Abschaffung von Bargeld und die Einführung eines digitalen Euro würde der EZB und den Staaten die Möglichkeit geben, auf die Bankkonten ihrer Bürger zuzugreifen. Zum Beispiel um Staaten zu entschulden. 10% Vermögensabgabe für jedes Bankkonto, auf dem mehr als 100.000 Euro liegen. Als Blaupause von der EZB genau so im Jahre 2013 mit einem bail- in mit Zypern durchexerziert. Unbarmherzig wurde bei Unternehmern und Sparern das Geld „rasiert“, dass über dem oben genannten Betrag lag. Den Begriff „Blaupause“ verwendet in genau diesem Zusammenhang der damaligen deutsche Finanzminister. Wolfgang Schäuble. 

Aus genau diesem Grund ist auch die Berichterstattung über die neuen Krypto-Währungen so negativ, denn diese entziehen sich genau der Idee einer Zentralbank. Politik und Banken haben natürlich kein Interesse an unregierbaren Währungen und dezentralen Märkten, die sich ihrem Einfluss entziehen. Sie verhindern eine staatliche Aufsicht und Kontrolle und damit den Einfluss von Behörden und Kontrollorgangen. Wie zum Beispiel dem Finanzamt. Oder der EZB: Außerdem wird argumentiert, dass einer Krypto-Währung kein reeller Gegenwert gegenübersteht. Geld – auch Papiergeld – ist ausschließlich Vertrauen. Geronnenes Vertrauen, welches der Euro eingebüßt hat. Was spricht dagegen, bei Geschäften im Internethandel und zukünftig auch an Kassen in Supermärkten mit einem virtuellen Zahlungsmittel zu bezahlen, dass genau über diese Grundlage verfügt? Und dass im Übrigen durchaus wieder mit einem Gold-Standard oder mit Sachwerten unterlegt werden könnte, um genau dieses Vertrauen zu bilden. 

Mit der Blockchain – Technologie haben die Krypto-Währungen jedenfalls gegenüber dem Euro einen wichtigen Vorteil: sie sind unbestechlich, neutral und handeln ohne eigene Interessen. 

 


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