Alles nur ein großes Spiel.
Alles nur ein großes Spiel.

von MICHAEL STING

BERLIN – Mögen Sie auch gerne Gesellschaftsspiele? Mein Lieblingsspiel ist „Monopoly“. Ein sehr faires Spiel. Alle starten mit den gleichen Bedingungen (abgesehen von der Frauenmonopoly-Version – Mehr Geld und Einnahmen für Frauen. Sexismus pur.). Dann kommt es zur Hälfte auf Glück und zur anderen Hälfte auf geschicktes Handeln an.

Doch stellen Sie sich mal folgendes Szenario vor. Sie halten sich ganz normal an die Regeln. Ihre Mitspieler können sich ohne Zinsen das Geld aus der Bank nehmen und kaufen davon Straßen und Häuser und Hotels. Sie bekommen im Gegenzug einen Zettel mit der Aufschrift „Schuldschein“. Der dem Betrag entspricht, den sich Ihre Mitspieler aus der Bank nehmen. Und wenn Sie dann Ihre Mitspieler darauf ansprechen, werden Sie als „Faschist“, „Arschloch“ oder Antifreund tituliert. Hätten Sie da noch Lust weiter zu spielen?

Wenn Sie jetzt sagen, das würde doch keiner machen, dann kennen Sie das ANFA-Abkommen zwischen der europäischen Zentralbank und den nationalen Notenbanken in Europa nicht.

ANFA steht für Agreement on Net Financial Assets und ermöglicht den nationalen Notenbanken in Europa (insbesondere in den südeuropäischen Ländern wie Spanien und Italien) spekulative Investitionsgeschäfte zu tätigen. Zu diesen Anlagenportfolio, finanziert durch eigenes „gedrucktes“ Geld, gehören u.a. Gold und Goldforderungen, Kredite an ausländische Institutionen, Staatsanleihen der eigenen Nation sowie ausländische Wertpapiere. Rechtliche Grundlage dafür ist Art. 14.4 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken.

Für diese ANFA-Bestände müssen die nationalen Notenbanken zwar Zinsen in Höhe des Hauptrefinanzierungssatz an die Gemeinschaft aller Notenbanken abführen. Doch da dieser aktuell bei 0 Prozent liegt, dürfte die Gemeinschaft kaum davon profitieren. Im Gegenzug dürfen die nationalen Notenbanken einen Ertragsüberschuss an den eigenen Staat ausschütten. Dadurch wurde es vielen Notenbanken ermöglicht, ein staatliches Vermögensportfolio aufzubauen. Die Aktiva der erworbenen Werte beläuft sich auf 1.426 Billionen Euro. Damit Sie sich die Dimension vorstellen können. Würde man dieses Portfolio verkaufen, könnte man dafür ca. 1800 Elbphilharmonien errichten.

Und wo wir gerade bei den Tricks der Notenbanken sind. Wenn Ihnen ANFA nichts sagt, dann ELA sicher auch nichts. ELA steht für Emergency Liquidity Assistance.

Danach ist es den nationalen Notenbanken gestattet, „nach eigenem Entscheid den Notstand zu erklären und zu selbst festgelegten Kreditkonditionen, was die Zinsen und die nötigen Sicherheiten betrifft, so viele Refinanzierungskredite an seine Banken zu vergeben, wie Sie es wollen“. (Zitat: Hans Werner Sinn: Die wundersame Geldvermehrung, S 88.)

Die Banken wiederum sind nicht daran gebunden, an wen sie die Kredite weitervermitteln. Egal ob Unternehmen, Privatpersonen oder den Staat.

Im Falle des dritten Rettungspaketes für Griechenland, konnte der griechische Staat auf diese Weise seine Verhandlungen mit dem IWF und den Kreditgebern trotz Verweigerung der Auszahlung des Rettungspaketes verbessern. Die Zentralbanken gaben es weiter an die Banken, die das Geld wiederum an den Staat weiterleiteten.

Daher waren die „harten Verhandlungen“ über das dritte Rettungspaket Griechenlands während der Eurokrise nichts als eine Show für das Publikum in Europa.

Das sind nur einige Möglichkeiten der nationalen Notenbanken, Vorteile für Ihr Land zu erwirtschaften, während Kreditgeber wie Deutschland und andere Nordländer auf der Strecke bleiben und im Gegenzug nur „Target-Forderungen“, also de Facto Schuldscheine gegen die europäische Zentralbank, erhalten und als Bürgen auftreten. Oder um es mit einer Monopoly-Figur auszudrücken. Da müsste einem doch der Hut hochgehen.

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