Energiewende: Welcome back Atom-Strom!? (Bildquelle: Pixabay)
Energiewende: Welcome back Atom-Strom!? (Bildquelle: Pixabay)

von Ulrike Trebesius

Im Mai 2020 wurden die Kühltürme des AKW Philippsburg gesprengt. Die Bilder sind aus mehreren Gründen spektakulär. Zum einen ist der Anblick von großen Bauwerken, die kontrolliert gesprengt werden, tatsächlich faszinierend. Auf der anderen Seite sind sie das traurige Symbol für eine Gesellschaft, die sich vom gesunden Menschenverstand abgewendet hat. Einer Gesellschaft, die mutwillig die Grundpfeiler dessen zerstört, was sie erst stark gemacht: Neugierde, Entdeckergeist, Innovation, deutsche Ingenieurskunst. Es ist das Sinnbild eines Landes, das weniger an Wissenschaft, Forschung und Weiterentwicklung von Technologien interessiert ist, dass nicht an die Versorgungssicherheit einer Industrienation denkt.Ausgerechnet in Baden-Württemberg, neuerdings „The Länd“, dass mit diesen Industrien erst stark und erfolgreich wurdeund das nun übermütig wird. 

„Wir werden Euch nicht vermissen!“, jubelten die Grünenüber diese Sprengung der Kühltürme. Damit hat sich wiederum die Partei durchgesetzt, die bei den Bundestagswahlen trotz gigantischer Medien-Kampagne nur auf ein laues Ergebnis von 14,8 % gekommen ist und damit dennoch den gesamten politischen Diskurs in unserem Land dominiert.

Dabei begeht Deutschland mit seiner sogenannten „Energiewende“ seit Jahren einen Sonderweg, dessen Scheitern sich immer mehr abzeichnet. Nicht nur, dass andere Länder dem deutschen Modell nicht folgen, sie versuchen mittlerweile sogar zu intervenieren. So gab es Briefe von Wissenschaftlern aus Polen, Frankreich und sogar den USA, die für einen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke werben. “Liebes Deutschland, bitte lasst die Kernkraftwerke am Netz.“ Ist die Überschrift eines Briefes von internationalen Experten, der im Oktober 2021 veröffentlich wurde. Der Grundtenor des Schreibens ist, dass die ehrgeizigen Klimaziele eben nur zu erreichen wären, wenn die Kernkraftwerke weiterbetrieben würden. Indirekt ist man sich sehr wohl bewusst, dass ein gleichzeitiger Ausstieg aus Kohle und Kernenergie nur zu einem Ergebnis führen kann: einem Blackout. Da Deutschland keine Insel ist, haben die uns angrenzenden Länder also ein valides Interesse daran, dass dies nicht passiert. Schon jetzt sorgt Deutschland dafür, dass die Stromnetze von Frankreich, den Niederlanden, Polen oder Tschechien mit Windenergie geflutet werden, wenn es mal wieder stürmisch ist. Da wir trotz den Beteuerungen von Annalena Baerbock Strom jedoch nicht einfach speichern können, machen sich unsere Nachbarn zurecht Sorgen. Denn eine Flaute sorgt dann eben für Flatterstrom, ein Begriff, der versinnbildlicht, dass es eine unsichere Versorgung ist, auf die wir da setzen. Bei gleichzeitiger Abschaltung von Kohle – und Kernkraftwerkenwäre ein großflächiger Stromausfall in Deutschland sehr wahrscheinlich. Und er würde bedeuten, dass bei unserem engvernetzten Stromnetz in ganz Europa die Lichter ausgingen. Was dies im Detail bedeuten würde, kann man im Buch „Blackout“ von Marc Eisenberg nachlesen. Der Schaden wäre erheblich. 

Dies ist auch anderen Ländern in der EU sehr bewusst, weswegen jetzt in Brüssel eine Gesetzesinitiative gestartet werden soll, die Kernenergie europaweit als erneuerbare Energieform anerkennt. 

Dies ist in vielen Ländern wie zum Beispiel in Skandinavien aber auch Frankreich oder den USA längst gang und gäbe. Die Initiative wird im Moment hauptsächlich von Frankreich vorangetrieben, das in der EU insbesondere nach dem Austritt der Briten aus der Union zusammen mit den südeuropäischen Ländern über eine Hausmacht verfügt. Jedoch haben auch die Osteuropäer ein Interesse daran, dass das Land in der Mitte Europas energietechnisch nicht kollabiert. Neben dem Kohlestrom, mit dem die Polen die Deutschen regelmäßig und zuverlässig versorgen, will man auch dort zukünftig in Kernenergie investieren. 

Es wäre also eine Ironie der jüngeren deutschen Geschichte, wenn eine Bundesregierung unter Beteiligung der Grünen an der Atomenergie festhalten müsste. Da dies gesichtswahrend umgesetzt werden muss, wird eine entsprechende Orchestrierung als Begleitmusik in den Medien einsetzen, die schon seit einigen Wochen zu beobachten ist. 

Dabei wird es einige wichtige Probleme zu bedenken geben.Denn neben dem Rückbau oder in konkreterer Sprache der Zerstörung der Kernkraftwerke in Deutschland ist auch die Forschung in diesem Bereich nahezu vollständig eingestellt worden. Es müssen also Kompetenzen wiederaufgebaut und neu erworben werden. Wissenschaftler aus dem Ausland müssen gefunden und angestellt werden, denn auch die Ausbildung in Deutschland wurde weitgehend eingestellt. Gleichzeitig muss die Akzeptanz in der Bevölkerung neu aufgebaut werden, denen in mehr als 40 Jahren permanent die Gefährlichkeit insbesondere von Atommüll eingeredet wurde. Also müssen die Medien und die Politik hier ein entsprechendes Wording finden, um das Narrativ zu erneuern. 

Die schwierigste Hürde besteht aber wohl darin, entsprechende Investoren zu finden, denn die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen sind mühsamer wieder aufzubauen als es dauerte, die Kühltürme des AKW in Phillipsburg zu sprengen. Und auch wenn die ehemaligen Betreiber Vattenfall, E.ON, RWE und EnBW großzügig vom deutschen Steuerzahler entschädigt worden, dürften diese Konzerne zukünftig davor zurückscheuen, hier erneut zu bauen. Wer garantiert, dass eine neue Bürgerinitiative oder ein gemeinnütziger Verein wie die Deutsche Umwelthilfe DHU einen solchen Prozess nicht um Jahre verzögern und letztendlich gar unterlaufen würde? Oder dass eine neue Regierung dann eben doch wieder aus der Kernenergie aussteigen will? 

Deswegen werden in nächsten Jahren die neuen Kernkraftwerke wohl eher um Deutschland herum entstehen. Geplant sind Neubauten in Polen, den Niederlanden und Frankreich. Es bleibt zu hoffen, dass dies den Preis für Strom in Deutschland langfristig und nachhaltig senken wird. Denn hohe Energiepreise sind ein Grund für das Abwandern der deutschen Industrie in andere Länder: Allen voran natürlich nach China, aber eben auch ins europäische Ausland.

So muss man zu der Erkenntnis kommen, dass der Schaden, den die Bundesregierung unter Angela Merkel angerichtet hat, als sie entschied, aus der Atomenergie auszusteigen, durchaus nachhaltig war: wir sind ein Land, dessen Industrien abwandern müssen, um kostengünstig produzieren zu können. Um Produkte herzustellen, für die der Markt in unserem Land zunehmend ideologisch eingeschränkt wird. Und mit der Industrie wandert langfristig die Forschung ab, die frei und ergebnissoffen in Atomphysik, Kernenergie oder anderen Themenbereichen forschen möchte. Vorangetrieben wird es von den Grünen, die in keinem anderen Land so stark sind wie hier. Dies alles macht Deutschland langfristig unattraktiver für Investoren, die ein Umfeld benötigen, dass Technologien und neuen Innovationen gegenüber offen ist und die eine Regierung hat, die die dafür nötigen Rahmenbedingungen schaffen wird.

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