Wieviel an tatsächlicher Wertschöpfung steckt hinter der Gubbi AG?
Wieviel an tatsächlicher Wertschöpfung steckt hinter der Gubbi AG?


Grünwald – Der Begriff „FinTech“ – die Kurzform für „Financial Technology“ – ist fast in aller Munde und verbreitet so etwas wie moderne Goldgräberstimmung. Es geht um moderne Technologien im Bereich der Finanzdienstleistungen, meist innovative Anwendungssysteme, die die Abwicklung von Finanzgeschäften digitalisieren und damit beschleunigen. Häufig bezeichnen sich Start-ups als FinTechs, die den Finanzmarkt mit neuen Digitalisierungslösungen aufzumischen versprechen. Dabei wird eine große Bandbreite an technologiebasierten Geschäftsmodellen abgedeckt, beispielsweise Aktivitäten im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz, Schnittstellen in einer Open-Banking-Umgebung und Distributed-Ledger-Technologien (DLT). Letztere bezeichnet dezentrale Digital-Systeme zur Aufzeichnung und Überwachung von unterschiedlichen Transaktionen. Die DLT ist unter der Bezeichnung Blockchain-Technologie bekannter.

Viele Fragezeichen rund um Gubbi

Der Sammelbegriff „FinTech“ ist aber juristisch nicht klar definiert oder gar geschützt. Das heißt, auch jedes windige Finanzdienstleistungsunternehmen mit einem fragwürdigen Geschäftsmodell und Kundenverständnis kann sich so nennen. „Aufgrund des weiten Begriffsverständnisses unterliegt nicht jedes ‚FinTech‘ dem aufsichtsrechtlichen Regime“, warnt die Deutsche Bundesbank. Aufsichtsrechtliche Relevanz habe ein Unternehmen immer dann, wenn es – unabhängig von der verwendeten Technologie – erlaubnispflichtige Geschäfte betreibe. Diese erlaubnispflichtigen Geschäfte sind Bankgeschäfte gemäß § 1 Abs. 1 KWG, Finanzdienstleistungsgeschäfte gemäß § 1 Abs. 1a KWG, Wertpapierdienstleistungen nach § 2 Abs. 2 WpIG sowie Zahlungsdienste gemäß § 1 Abs. 2 ZAG beziehungsweise das E-Geld-Geschäft nach § 1a Abs. 2 ZAG. Start-ups wissen oft nicht einmal, ob ihre Geschäftsidee einer Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz (KWG), dem Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG) oder dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) bedarf oder nicht. „Das Betreiben erlaubnispflichtiger Geschäfte ohne eine entsprechende Erlaubnis wird strafrechtlich verfolgt“, stellt die Deutsche Bundesbank klar. Die Zentralbank der Bundesrepublik Deutschland bietet Unternehmen zwar keine Beratungsleistungen an. Start-ups können bei Unsicherheiten aber die zuständige Hauptverwaltung der Bundesbank kontaktieren, um das Erfordernis einer Antragstellung abzuklären.

Ob sich die Gubbi AG aus dem oberbayerischen Grünwald bei der Deutschen Bundesbank Rat gesucht hat, ist nicht bekannt. Sie ist im weitesten Sinne im Bereich IT-Services und IT-Consulting tätig und inszeniert sich als superflottes FinTech mit einer bahnbrechenden Geschäftsidee, die allerdings Fragen aufwirft. CEO und Gründer der Gubbi AG ist Tobias Eckl, dessen Vorstand auch noch Markus Brunner angehört. Aufsichtsratsmitglieder sind Peter Härtling, Prof. Dr. Johanna Bath, Martin Kreitmair, Andrei Martchouk und Peter Ogrisek. Gubbi setzt nach eigenen Angaben auf die Digitalisierung klassischer Finanzprodukte, Blockchain-Lösungen und unterstützt andere Unternehmen bei der digitalen Transformation. Besondere Kompetenz reklamiert die Aktiengesellschaft für sich auf drei Geschäftsfeldern: beim Token-Consulting, bei eigenen innovativen Token-Projeken und bei digitalen Krypto-Bankingplattformen.

Ende letzten Jahres präsentierte Vorstandschef Tobias Eckl eine „Weltneuheit“. Die vorgebliche Sensationsmeldung bestand darin, dass der Finanzdienstleister aus der Metropolregion München mit dem Schweizer Vermögensverwalter Winbridge Asset Management GmbH kooperiert. Ihr erklärtes Ziel ist die Markteinführung des „weltweit ersten Managed Account für den Devisenhandel eines Vermögensverwalters auf NFT-Basis“. Als neue Asset-Klasse soll „WT One“ etabliert werden. NFT steht für „Non-fungible Token“ und damit die Blockchain-Technologie. Die Blockchain lässt sich als eine Art Datenbank begreifen, die sich aus Informationsblöcken zusammensetzt, die absolut transparent und manipulationssicher aneinandergereiht werden. Diesen Sicherheitsaspekt macht sich der NFT-Ansatz grundsätzlich zunutze. Ein Blockchain-basierter Token, gewissermaßen eine digitale Münze, ist ein Vermögensgegenstand oder repräsentiert einen Vermögenswert. Anders als ein Bitcoin oder eine andere Kryptowährung ist ein Token jedoch nicht als eigenständige digitale Währung konzipiert.

Die Gubbi AG gibt nun vor, Blockchain-Lösungen wie die Tokenisierung mit einer ganzheitlichen Finanzberatung zu verbinden. Dafür will sie gemeinsam mit Winbridge den ersten tokenisierten Managed Account launchen. Das neuartige Finanzprodukt sei ein Non-Fungible Token (NFT), der dem Besitzer den Zugang zum Managed Account des Vermögensverwalters erlaube und diesen abbilde. Richtig ist, dass ein NFT wie andere digitale Assets sicher auf der Blockchain verwahrt und gehandelt werden. Anderes an dem Geschäftsmodell bleibt aber schleierhaft.

Tobias Eckl unternimmt einen Erklärungsversuch: „Mit dem NFT-Winbridge-Token WT One bringen wir ein komplett neuartiges Produkt auf den Markt, das die traditionelle Finanzwelt mit neuen digitalen Vermögenswerten noch stärker verbindet. Wir freuen uns sehr, mit Winbridge einen Partner gewonnen zu haben, mit dem wir zusammen einen bedeutenden Schritt hin zur Blockchain-basierten Token-Ökonomie gehen.“ Winbridge-Geschäftsführer Daniel Frei sekundiert: „Jeder Käufer erhält einen individuellen Token, welcher den dahinter liegenden Managed Acccount abbildet. Der Token kann anfangs für 1.000 Euro bei Winbridge erworben werden.“ Der innere Wert des Tokens soll auf der Basis des Trading-Ergebnisses abzüglich der Kosten berechnet werden, da der Schweizer Vermögensverwalter im Devisenhandel tätig ist. Dieser Wert werde monatlich angepasst, und das Volumen des Winbridge-Tokens betrage 25 Millionen Euro, heißt es von den beiden Unternehmen. Insgesamt sollen also 25.000 NFTs ausgegeben werden. Mathematisch ist das soweit klar.

Aber für potenzielle Anleger wird das Ganze noch komplizierter, wenn sie hören, dass die Besonderheit von „WT One“ darin liege, dass es sich dabei nicht um ein Security Token Offering handele, also nicht um die Emission eines elektronischen Wertpapiers. Stattdessen sei das neue Produkt ein Utility Token, der seinem Besitzer den Zugang zum Managed Account von Winbridge ermögliche. „Der NFT bildet keinen Vermögenswert ab, der Token-Inhaber erhält mit dem WT One vielmehr eine Dienstleistung, die im Rahmen der Verwaltung eines Managed Accounts erbracht wird und daraus resultierend dessen Wertentwicklung abbildet“, erläutert Eckl. Die Gubbi AG feiert sich jedenfalls als neuen Player auf den FinTech-Markt. Man sollte sich vielleicht an den Hinweis der Deutschen Bundesbank erinnern, dass „FinTech“ ein sehr dehnbarer und juristisch unbestimmter Begriff ist.

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