Jedsy könnte ein geniales Geschäft werden. (Bildquelle: Jedsy)
Jedsy könnte ein geniales Geschäft werden. (Bildquelle: Jedsy)


Berneck – Auf seiner Facebook-Seite bezeichnet sich Herbert Weirather als einen österreichisch-liechtensteinischen Kunstflugpiloten mit einem Bachelor in Luft- und Raumfahrttechnik. Die Bilder seines Accounts zeigen ihn als begeisterten Kunstflieger vor schönstem Alpen-Panorama. Aber der nicht mal 35-Jährige ist nicht nur ein Flug-Enthusiast, sondern auch ein innovativer Start-up-Gründer, der die Warenlieferung mit speziellen Drohnen revolutionieren will.

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Weirather habe seine Anteile an der „Drone Champions League“ verkauft und wolle nun mit Lieferdrohnen der Marke Jedsy durchstarten, meldeten im Herbst 2021 liechtensteinische Medien. Das Lieferdrohnen-Start-up Jedsy mit Sitz in der Schweiz will sich zunächst auf die Lieferung von Medizinprodukten konzentrieren. „In einigen Dritte-Welt-Ländern sterben viele Patienten, weil die nötige Medizin nicht rechtzeitig zu ihnen gelangt“, sagt der Unternehmer und arbeitet deshalb gezielt an der Geschwindigkeitssteigerung seiner Fluggeräte für den Gesundheitsmarkt. Derzeit erreichen sie eine Reisegeschwindigkeit von 100 km/h. Wegen der schlechten Straßeninfrastruktur in vielen Ländern der Dritten Welt könnten Medikamente dort oft nur mit 40 Stundenkilometern transportiert werden, beklagt der Luft- und Raumfahrtingenieur. Seine elektrisch betriebenen Flugvehikel haben eine Spannweite von 2,4 Metern, können Lasten von 2,3 Kilogramm transportieren und 200 Kilometer weit fliegen. Die Jedsy-Glider sind in der Lage, fast überall zu starten und zu landen und eignen sich deshalb besonders gut für abgelegene Orte. Damit bieten sich diese Lastendrohnen geradezu für die medizinische Versorgung in infrastrukturschwachen Gebieten an. „Wir sind in Malawi mit ersten Flügen für Krankenhäuser gestartet. Wir fliegen dort mit der Mark 12 und 13 unserer Drohne, das sind die aktuellen Versionen unseres Demonstrators“, erzählt Weirather. „Wir sind dort drei- bis viermal schneller als der Status Quo und können potenziell sehr viele Leben retten. Wenn wir 50.000 bis 60.000 Flüge gesammelt haben, wollen wir den Zertifizierungsprozess in den USA starten und diese als ersten größeren Markt bearbeiten“, sagte der Unternehmensgründer vor einem Jahr. 

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Die vogelartig aussehenden Geräte können im Freien am Boden landen, Pakete mit dem Fallschirm abwerfen oder – sofern eine kleine Station mit Akku-Funktion installiert wurde – direkt am Fenster oder am Balkon anlegen. Das Entwicklerteam von Jedsy hat schon zahlreiche Patente angemeldet, die vor allem die Drohnen-Technologie zur punktgenauen Landung an Balkonen und Fenstern betreffen. „Wichtig für die Akzeptanz ist auch die Lärmentwicklung. Unsere Drohne ist einem Vogel nachempfunden, sie ist äußerst leise unterwegs, weil sie Techniken aus dem Segelflug nutzt“, argumentiert Weirather, der davon überzeugt ist, dass die Lärmbelästigung ein großes Thema wird, wenn in einigen Jahren wesentlich mehr Lieferdrohnen im Einsatz sind.

2016 verschickte ein Online-Riese im Testbetrieb eine erste Warenlieferung per Drohne. Seitdem arbeiten verschiedene Dienstleistungsunternehmen daran, Kunden auf dem Luftweg mit Lebensmitteln zu beliefern. Die Vorzüge von Lieferdrohnen sind offensichtlich: sie können das Bestellte schneller und vor allem kostengünstiger zustellen als Autofahrer auf dem Landweg. Ländliche Regionen sind per Fluggerät wesentlich leichter zu erreichen und das auch noch ohne klimaschädliche Autoabgase. Ein gängiges Beförderungsmittel für Pakete und eine Alternative zum Lieferwagen sind Drohnen aber trotzdem noch nicht. Dabei gibt es verschiedene Einsatzoptionen: Eine Drohne kann von einem Warenhaus direkt zum Kunden abheben oder vom Dach des Auslieferfahrzeugs, das im Idealfall ein Elektroauto ist. Unstrittig ist, dass die Drohnenbelieferung bei Medikamenten, Büchern und Lebensmitteln mit einem Gewicht von unter 2,5 Kilogramm den Kunden spürbare zeitliche und finanzielle Vorteile bietet.

Das Marktsegment Lieferdrohnen wird boomen, sobald alle Testphasen abgeschlossen und letzte Optimierungen vorgenommen sind. „Im Frachtmarkt wird es schätzungsweise 2024 oder 2025 so richtig losgehen“, glaubt Michael Santo von der auf Luftfahrt spezialisierten Beratung H&Z aus München. Die Risikokapitalfirma Levitate Capital erwartet für das Jahr 2030 ein Frachtmarkt-Volumen für Lastendrohnen von 33 Milliarden US-Dollar.

Die Lieferung Glider AG aus dem schweizerischen Berneck, die den Jedsy-Glider vertreibt, verweist auf ihr patentiertes System zum schnellen und geräuschlosen Andocken direkt unter dem Fenster. Die einzigartige Methode und das Design ermöglichten es dem Gerät, auf vertikalen Strukturen wie einem Fenster oder einem Balkon zu starten und zu landen, um so die Liefergeschwindigkeit, Sicherheit und den Komfort zu erhöhen. Die Drohne kann per GPS fast zentimetergenau zum Zielbalkon fliegen, dort an ein vormontiertes Gestänge andocken und mit einem starken Klettband fixiert werden. Vor dem Abflug drücken Rollen die Drohne dann wieder vom Klettband weg. Kunden ohne diese Vorrichtung können die Pakete auch per Fallschirmabwurf empfangen. „Die Übergabe des Pakets am Fenster oder Balkon ist in meinen Augen entscheidend für die Akzeptanz von Lieferdrohnen“, betont Herbert Weirather. Der startete 2016 die Drone Champions League, eine Rennserie für mittels First-Person-View-Brillen ferngesteuerte Fluggeräte. Inzwischen dreht sich bei ihm alles um die Entwicklung der Jedsy-Drohnen zur Marktreife, für die im Frühjahr 2022 die erste Finanzierungsrunde anlief.

Im Oktober 2022 vereinbarten Garuda Aerospace, KL Tech City und Jedsy eine vertiefte Kooperation zum Bau der leistungsstarken Lieferdrohnen. „Logistik ist das Rückgrat jeder Wirtschaft, und wir können in Indien, das laut IWF eine der langsamsten Straßen der Welt hat, einen erheblichen Beitrag leisten“, erläuterte Jedsy-CEO Weirather. „Mit unserer Technologie, die eine sehr einfache und bequeme Mailbox-Dockingstation zum automatischen Aufladen unserer Drohnen nutzt, verfügen wir neben Garuda und KL Tech City über das effizienteste System zur Ausweitung von Drohnenlieferungen. Es gibt immer mehr Verkehrs- und Umweltprobleme, und wir müssen nachhaltigere Lösungen einsetzen.“ Da Jedsy als Starrflügler konstruiert sei, könne es sich fünfzigmal effizienter als ein Auto fortbewegen.

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