Markus Jerger führt den BVMW
Markus Jerger führt den BVMW


Berlin – Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) ist ein Interessenverband, der berufs- und branchenübergreifend die Anliegen der mittelständischen Wirtschaft in Deutschland vertritt. Neben der Lobbyarbeit für kleine und mittlere Unternehmen konzentriert sich der BVMW auf die Vernetzung seiner Mitglieder und richtet bundesweit jährlich mehr als 2.000 Informationsveranstaltungen aus. „Wir vertreten im Rahmen der Mittelstandsallianz die Interessen von 900.000 Stimmen. Werden Sie jetzt Teil unseres Netzwerkes und profitieren Sie von konkurrenzlosen Vorteilen“, heißt es in der an potenzielle Neumitglieder gerichteten Eigenwerbung. Mithilfe von 300 regionalen Ansprechpartnern will man die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Mittelstandes stärken. Dieses Bemühen ist gerade umso wichtiger, weil die rasant gestiegenen Energiepreise die wirtschaftliche Existenz vieler Mittelständler bedrohen.

Die teils kopflose, teils ideologiegeleitete Politik von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verschärft die Energiekrise extrem. Seine bizarren Ausführungen in der Fernsehsendung von Sandra Maischberger zur Insolvenz von Betrieben haben in großen Teilen der Wirtschaft für Kopfschütteln gesorgt. Leipzigs Handwerkskammerpräsident Matthias Forßbohm war fassungslos: „Dem Bundeswirtschaftsminister fehlt offenbar nicht nur jegliche Kompetenz für sein Amt.“ Ihm fehle zudem noch „jede Art von Empathie für die Existenzängste“ von persönlich haftenden Unternehmern und ihren Beschäftigten. „Im Handwerk gibt es im Gegensatz zur Politik ein Qualifikationserfordernis für Führungspositionen – den Meisterbrief.“ Volker Lux, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Leipzig, ergänzte: „Mit wie viel Gleichgültigkeit und Ignoranz muss ein Minister unterwegs sein, wenn er sich offensichtlich weigert, die drastischsten Folgen von verfehlter Wirtschaftspolitik zur Kenntnis zu nehmen.“ Die Energiekosten müssten unbedingt sinken, sonst fielen reihenweise die Betriebe um.

Auf die großen Gefahren der gegenwärtigen Lage weist auch der Bundesverband mittelständische Wirtschaft hin, formuliert seine Kritik aber moderater als die Leipziger Handwerksvertreter. „Die jetzige Energiekrise und die damit verbundene Preisexplosion ist die größte ökonomische Herausforderung seit Gründung der Bundesrepublik“, sagte Markus Jerger. Der BVMW-Vorsitzende rief die Politik zum Handeln auf: „Die Zeit für Diskussionen ist vorbei, der Mittelstand braucht jetzt sofort echte Entlastungen, um die nächsten Monate zu überstehen. Wartet die Politik weiterhin mit der Umsetzung konkreter Maßnahmen, wird es für viele kleine und mittlere Betriebe zu spät sein. Schon jetzt erreichen uns jeden Tag Hilferufe von frustrierten Unternehmern.“ Das sagte Jerger jüngst zum Auftakt der großen Verbandstagung unter dem Motto „Herausforderungen meistern. Chancen nutzen. Wachstum sichern.“ Die Sicherung von betrieblichem Wachstum in schwierigem Umfeld ist zur Hauptaufgabe des Bundesverbandes „Der Mittelstand. BVMW e.V.“ und seiner vielen Vor-Ort-Ansprechpartner geworden. Auf der BVMW-Bundestagung suchte man mehr denn je den direkten Dialog mit der Politik, um sie aufzurütteln: In diesem Jahr nahmen die nordrhein-westfälischen Landesminister Herbert Reul und Karl-Josef Laumann (beide CDU) sowie die Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) an der Konferenz teil. Letztere musste sich in persönlichen Gesprächen sicherlich viel Kritik an der Wirtschafts- und Energiepolitik der „Ampel“-Regierung anhören.

So verlangt der Mittelstandsverband Korrekturen am dritten Entlastungspaket der Bundesregierung. Eigentlich will die Politik damit Belastungen infolge der Energiepreisexplosion und der hohen Inflationsrate dämpfen. Doch die Arbeitgeber werden durch die Neugestaltung im Midijob-Bereich künftig mehr und nicht weniger belastet, was auf großes Unverständnis bei den Betroffenen stößt. So wird mit der neuen Midijob-Regelung der Übergangsbereich, in dem Geringverdiener weniger Steuern und Abgaben zahlen müssen, bis zum Jahr 2023 auf 2.000 Euro erhöht. „Den Grundgedanken, dass Beschäftigte mehr Netto vom Brutto erhalten, begrüßen wir“, unterstrich Hagen Wolfstetter als Vorsitzender der BVMW-Kommission Arbeit und Soziales. „Doch auf der anderen Seite bekommen Unternehmen, die seit zwei Jahren durch schwere Krisen manövrieren müssen, mehr aufgebürdet.“ Nun sollen Arbeitgeber im Einkommensbereich bis 2.000 Euro auch noch 28 Prozent der Sozialabgaben komplett alleine tragen. Aber bereits jetzt verursachen bürokratische Belastungen für die Wirtschaft jährliche Kosten von 52 Milliarden Euro – Mittel, die natürlich für die unverzichtbare Entwicklungs- und Forschungsarbeit der Unternehmen fehlen. Kritiker werfen der Bundesregierung vor, mit der Neuregelung das bewährte Paritätsprinzip, also die hälftige Beteiligung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern an den Sozialabgaben, auszuhebeln. „Mit der Folge, dass mit steigenden Lohnzusatzkosten immer mehr Unternehmen weiter an Wettbewerbsfähigkeit einbüßen“, bilanzierte Kommissionschef Wolfstetter. „In der jetzigen Zeit kann das für viele kleine und mittlere Betriebe der letzte Sargnagel sein.“ Einige Unternehmen führten die Produktion energieintensiver Güter schon zurück und andere dächten darüber nach, die Produktion ganz ins Ausland zu verlagern.

Schlechte Noten vergibt der BVMW auch für die Arbeitsmarkt- und Sozialstaatsreform von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und mahnt ein Festhalten am Grundprinzip des Förderns und Forderns an. „Das Gefüge aus denjenigen, die das Sozialsystem finanzieren und denjenigen, die diese Leistungen beziehen, darf nicht aus dem Gleichgewicht geraten“, argumentiert Markus Jerger. „In vielen kleinen und mittleren Unternehmen, die gerade besonders unter dem Arbeitskräftemangel leiden, gibt es nicht umsonst die Befürchtung, dass mit dem höheren Bürgergeld und gleichzeitig weniger Sanktionen der Anreiz verloren geht, aktiv eine Arbeit aufzunehmen.“ Der BVMW-Vorsitzende betont, dass alles darangesetzt werden muss, das inländische Arbeitskräftepotenzial bestmöglich zu nutzen. „Denn neben allen Problemen, die die Wirtschaft gerade hat, entwickelt sich der Arbeitskräftemangel immer mehr zu einem Hemmschuh für die Entwicklung der Unternehmen.“ Deshalb sei die für Bürgergeld-Bezieher geplante Vertrauenszeit von sechs Monaten, während der nur sehr milde und vereinzelte Sanktionen verhängt werden, auch eher kontraproduktiv.

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