Markus Fuhrmann und Florian Fritsch hoffen auf beste Geschäfte mit der Unternehmung Gropyus (Bildquelle: Gropyus)
Markus Fuhrmann und Florian Fritsch hoffen auf beste Geschäfte mit der Unternehmung Gropyus (Bildquelle: Gropyus)


Wien – Eine nachhaltige Lebensweise hängt auch davon ab, wie umweltgerecht man wohnt. Explodierende Immobilienpreise und Mieten sowie eine schlechte CO2-Bilanz des Bauens mit Stahl und Beton lassen Immobilienunternehmen nach Alternativen zum „Weiter so“ suchen. Rund 40 Prozent der globalen CO2-Emissionen sollen im weitesten Sinne auf das Bauen, Betreiben oder Abreißen von Immobilien zurückzuführen sein. Ein sehr erfolgversprechender Ansatz für nachhaltiges Bauen und Wohnen ist die Verwendung von Holz anstelle von Stahl und Beton. Mit innovativer Holznutzung macht vor allem die österreichische Gropyus AG von sich reden. Die Holding-Gesellschaft im Bereich der Immobilienentwicklung revolutioniert gerade mit Holzhybrid-Modellen die Baubranche. Dabei setzt sie gezielt auf die Digitalisierung der Fertigungstechnik und der Gebäude selbst. „Unser Fokus liegt auf Digitalisierung der Wertschöpfungskette und Nutzung nachwachsender Rohstoffe. So vereinen wir ethische Grundgedanken mit Rentabilität“, erklären die Baumodernisierer und verweisen darauf, dass ihre Holzhybrid-Gebäude höchste Standards europäischer Zertifizierungsprogramme erfüllen.

Durch die Verwendung natürlicher Materialien und automatisierter Fertigungstechnologie werden die Produktionskosten bei hoher Bauqualität niedrig gehalten. Das selbstbewusste Ziel ist, „für alle verfügbare, leistbare und gesunde Lebensräume“ zu schaffen, die den Klimaschutzanforderungen der Zeit gerecht werden. Als Beispiele nennt Gropyus das „Projekt Immendingen“ – eine große Mehrfamilienhaus-Anlage, die nachhaltiges Wohnen ganz neu definieren soll – und das „Projekt Wohnpark Nette“. Dabei handelt es sich um ein neunstöckiges Wohnhochhaus mit einer Photovoltaikfassade, Gemeinschaftseinrichtungen und sichtbaren Holzoberflächen. Die Aktiengesellschaft hat ihren Hauptsitz in Wien und unterhält eine Dependance im vorarlbergischen Dornbirn. Zur Holding gehören zudem die Gropyus Technologies GmbH in Berlin, die Gropyus Production GmbH im hessischen Richen, die Gropyus Engineering GmbH in Steinhaus bei Wels sowie die Gropyus Capital AG im liechtensteinischen Vaduz.

Mithilfe des breit gefächerten Know-hows dieser Tochtergesellschaften will Gropyus-CEO Markus Fuhrmann den ökologischen Fußabdruck von Gebäuden über ihre ganze Lebensdauer deutlich reduzieren. Die nach den Grundsätzen des „universellen Designs“ errichteten Immobilien sollen während ihres Lebenszyklus mehr Ressourcen schaffen als verbrauchen. Der Verbesserung der Öko-Bilanz dienen Prinzipien der Kreislaufwirtschaft, ein ressourceneffizientes Produktdesign und die automatisierte Bauteilproduktion. Mehr Klimaschutz in der Bauwirtschaft zu etablieren, ist ein maßgeblicher Antrieb des Unternehmens, dessen Name sich an den Bauhausgründer Walter Gropius anlehnt. Erklärter Anspruch der Experten für Holzhybrid-Immobilien ist die Emissionsvermeidung. Durch die Integration von Photovoltaik in die Gebäudehülle erreichen sie schon heute einen „Netto-Null“-Energiebetrieb. Sämtliche Gropyus-Gebäude haben Passivhausstandard und werden standardmäßig mit Photovoltaik-Fassaden ausgestattet.

„Ein konventioneller Bauherr würde die Wohnungen verkaufen wollen. Dafür wäre diese Art der Fassade wohl zu teuer. Da wir die Gebäude aber bis zum Lebensende betreuen, macht Photovoltaik Sinn“, erklärt Bernd Oswald. Oberste Zielsetzung sei eine möglichst langfristige Nutzung zu geringsten Entstehungs- und Betriebskosten. Der Chief Production Officer (CPO) der Gropyus AG will mit ressourcenschonenden Digitalisierungsprozessen den Quadratmeterpreis bei unter zehn Euro halten: „Jedes Bauelement wird auf seine Funktion hin optimiert. Damit sollen möglichst wenige Ressourcen verbraucht und die Elemente möglichst lange in Gebrauch sein. Durch die systematische Digitalisierung und Automatisierung wollen wir je nach Lage Mieten unter zehn Euro je Quadratmeter anbieten. Das ist weit unter dem, was derzeit bezahlt wird. Und trotzdem bestechen unsere Bauten im Design und in der Materialität.“ Sie seien höherwertiger und lebenswerter als der klassische Wohnungsneubau. „Dieser Ansatz ist in so vielen Aspekten neu. Daher sind wir für viele Investoren so interessant“, argumentiert Oswald.

Während sich andere Immobilienunternehmen nur ein grünes Mäntelchen umhängen, nimmt die Gropyus AG den ökologischen Gedanken offenbar sehr ernst. „Die Industrie spricht sehr viel über Nachhaltigkeit in Gebäuden im Betrieb. Da gibt es Zertifikate und Niedrigstenergiehäuser. Das ist der kleinere Teil. Ein viel größerer Teil liegt aber tatsächlich in der Produktion“, erläutert Markus Fuhrmann und fährt fort: „Wir nutzen nachwachsende Rohstoffe und setzen bei der automatisierten Produktion auf volle Transparenz. Unsere Roboter können gar nicht produzieren, wenn sie nicht wissen, wo welche Schraube und welcher Nagel hingehören. Außerdem lassen sich unsere Wohnungen unkompliziert wieder auf- und abbauen und alle Bestandteile am Ende wieder trennen.“ Robotik beim Gebäudebau? Für Fuhrmann ist das keine ferne Zukunftsmusik, sondern unternehmerische Praxis. Der Mitgründer von Mjam.at und Delivery Hero betont, dass Gropyus keine konventionelle Baufirma, sondern eine Technologiefirma sei, die sich Nachhaltigkeit und leistbarem Wohnen verschrieben habe – und das mit den neuen Möglichkeiten, die Robotik und Automatisierung böten.

Das vor zwei Jahren gegründete Start-up, das schon mehr als 250 Mitarbeiter beschäftigt und händeringend nach weiteren IT-Profis und Produktentwicklern sucht, setzt längst auf eine robotergestützte Fertigung. Diese ermöglicht ein Maximum an Flexibilität und Skalierung zu absolut wettbewerbsfähigen Kosten. Gropyus kombiniert alle notwendigen Produktionsschritte in einer Roboterzellen-Gruppe, die durch eine integrierte digitale Steuerungsschicht orchestriert wird, um komplette Bauelemente zu fertigen. „Im Gegensatz zu traditionellen Fertigungslinien erreicht dieser Ansatz das hohe Maß an Flexibilität und Modularisierung, das für die Produktion der hohen Varianz von Bauteilen in einem unvergleichlichen Gebäudeprodukt notwendig ist“, heißt es unternehmensseitig. Die Roboterköpfe und Werkzeuge werden maßgeschneidert im eigenen Haus entwickelt, und von der Konfiguration geht es direkt in die Produktion. Durch die eigene Planungs- und Fertigungssteuerungssoftware können architektonische Entwürfe ohne lästige Zwischenschritte produziert werden. Am Firmenstandort bei Wels werden die flexiblen Roboterzellen für die Roboterköpfe erzeugt, die im deutschen Werk bei der Produktion zum Einsatz kommen.

Florian Fritsch, Gropyus-Gründer, weist in diesem Zusammenhang auf das Bestreben hin, ein Zweitwerk in Österreich zu eröffnen. Er interessierte sich frühzeitig für die Idee eines neuartigen Holzhybrid-Bausystems und bündelte Kompetenzen aus der Immobilien-, Bau- und Technologieindustrie in der Gropyus AG. Fritsch soll es auch gewesen sein, der Harald Mahrer in den Aufsichtsrat holte. Der Präsident der österreichischen Wirtschaftskammer hält einen kleinen Unternehmensanteil an dem aufstrebenden Start-up und ist davon begeistert, dass Roboter Wohnungen unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten bauen können.

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